Antikriegstag

Auf der Demo vom Fürther Friedensforum  hielt Dominic Melchner für uns eine Rede, die er zusammen mit Daniela Winkelmann geschrieben hat, Daniela konnte leider wegen Krankheit nicht teilnehmen.

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, liebe Friedensbewegte,

heute stehen wir hier gemeinsam, weil wir eine fundamentale Ungerechtigkeit nicht länger hinnehmen können: Während Milliarden für Waffen und Krieg ausgegeben werden, fehlt das Geld für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit.

Der Verteidigungshaushalt für 2025 soll auf über 62 Milliarden Euro steigen – ein Anstieg von mehr als 10 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr. Zusätzlich fließen 24 Milliarden Euro aus dem 100-Milliarden-Sondervermögen in die Rüstung. Das bedeutet: Fast 90 Milliarden Euro für Militär und Waffen – in einem einzigen Jahr!

Zeitgleich erleben wir drastische Kürzungen im Sozialbereich: Die Kindergrundsicherung wurde von ursprünglich geplanten 12 Milliarden auf nur noch 2,4 Milliarden Euro zusammengestrichen. Bei Renten, beim Bürgergeld und bei Asylleistungen wird gespart. Die Botschaft ist eindeutig: Geld für Waffen ist da, Geld für Menschen fehlt angeblich.

Diese Politik folgt dem NATO-Zwei-Prozent-Ziel, das bereits erreicht wurde. Doch das reicht den Rüstungsbefürwortern nicht. Sie fordern bereits ein Fünf-Prozent-Ziel – das würde bedeuten, dass fast jeder zweite Euro aus dem Bundeshaushalt in Militär und kriegsrelevante Infrastruktur fließt.

Jahrzehntelang wurde uns gepredigt, dass Schulden das Übel schlechthin seien. Wir konnten keine Schulden aufnehmen, um die Schulen zu renovieren, um in erneuerbare Energie zu investieren oder um die Bahn zu modernisieren. Jetzt, wo wieder Schulden gemacht werden, fließt das Geld in destruktive Rüstung statt in konstruktive Zukunftsinvestitionen wie Bildung, Klimaschutz und soziale Infrastruktur.

Die aktuellen Konflikte in der Ukraine und in Gaza zeigen uns täglich, wohin militärische Logik führt: zu unermesslichem menschlichem Leid, zu Zerstörung und zu noch mehr Gewalt.

In Gaza erleben wir eine humanitäre Katastrophe, während weiterhin Waffen geliefert werden. In der Ukraine toben Kämpfe, die täglich Menschenleben kosten, während über Verhandlungen kaum noch geredet wird. Stattdessen wird die Antwort in noch mehr Waffen gesucht.

Wir sagen: Schluss damit! Konflikte werden nicht durch Waffen gelöst, sondern durch Dialog, Diplomatie und gerechte Friedensverhandlungen.

Unsere Alternative: Soziale Sicherheit statt Aufrüstung

Wir fordern eine andere Prioritätensetzung:

Statt auf Abschreckung zu setzen, brauchen wir Entspannungspolitik und internationale Kooperation

Die Mittel sind da – sie werden nur falsch verwendet. Mit den 90 Milliarden Euro, die jährlich für Rüstung ausgegeben werden, könnten wir:

· Die Kindergrundsicherung vollständig finanzieren

· Das Gesundheitssystem stärken

· Bezahlbaren Wohnraum schaffen

· Den öffentlichen Nahverkehr ausbauen

· Erneuerbare Energien fördern

Als Sozialforum und Friedensforum stehen wir Seite an Seite, weil soziale Gerechtigkeit und Frieden untrennbar miteinander verbunden sind. Wer soziale Sicherheit will, muss für Frieden kämpfen. Wer Frieden will, muss für soziale Gerechtigkeit eintreten.

Denn Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Kriegen zwischen Staaten. Frieden beginnt in unserer Gesellschaft. Und genau dort erleben wir tagtäglich kleine, schleichende Kriege.

Menschen werden gegeneinander ausgespielt: Arme gegen Ärmere, Bürgergeldempfänger*Innen gegen Geringverdienende, Migrant*Innen gegen Mehrheitsdeutsche, Queere gegen „die Normalen“. Leid wird gegeneinander aufgerechnet – jüdisches Leid gegen palästinensisches Leid, als ob die Anerkennung der einen Erfahrung die andere mindern würde.

Was wir verlieren, ist unsere gesellschaftliche Integrität.

Wir lassen unsere schwächsten Mitglieder allein und treten noch auf ihnen herum. Menschen müssen kriminelle Handlungen begehen, um überleben zu können – weil Wohnen unbezahlbar wird, weil Arbeit nicht reicht, weil Sozialleistungen nicht tragen.

Gerade auch institutionelle Gewalt hat vielfältige Gesichter. Ob strukturelle Benachteiligung von marginalisierten Menschen bei Bildung, Arbeit oder gesundheitlicher Versorgung oder auch einfach die Ignoranz von Behörden und Gesellschaft, wenn es um persönliche Lebensrealität geht. 

Und Lebensrealität ist:

Schwarze-Personen verlieren ihr Leben in Polizeigewahrsam oder bei polizeilichen Eingriffen, wie Uri Jalloh am 07. Januar 2005, Lorenz A. am 20. April 2025, Nelson am 01. August 2025. 

Frauen werden ermordet:

Wie Rahma Ayat am 04. Juli 2025, weil sie eine Frau war, eine Frau mit Kopftuch, ermordet von ihrem Nachbarn.

Diese Namen stehen für individuelle Leben, für persönliche Geschichten, für Menschen, die wir sehen und deren Verlust wir betrauern müssen. Sie erinnern uns daran, dass hinter jeder Statistik ein Mensch, ein Schicksal, eine Familie steht.

Wir reden hier nicht von Einzelfällen. Wir reden von struktureller Gewalt. Von Verhaltensweisen, die täglich wirken, die voller gewaltvoller Erfahrungen sind, von einer Gesellschaft, die keinen inneren Frieden mehr lebt.

Nicht nur durch Rüstung und Schuldenpolitik verlieren wir unsere Integrität, sondern auch durch das Schweigen über jene, die am meisten Unterstützung bräuchten.

Die Folgen davon sind spürbar: Gewalt, Ausgrenzung, Hass. 

Femizide, Gewalt gegen queere Menschen oder rassistische Übergriffe – all das sind Symptome einer Gesellschaft, die Menschen nicht als Individuen anerkennt. Eine Gesellschaft, die diesen Weg geht, verliert ihre Empathie und gefährdet ihre eigene demokratische Grundlage.

Darum müssen wir den Begriff Frieden neu denken. Frieden heißt nicht nur „kein Krieg in der Ukraine“ oder „kein Krieg im Nahen Osten“. Frieden heißt auch: keine rassistischen Polizeikugeln, keine toten Gefangenen in Zellen, keine Hetze gegen die Ärmsten und Schwächsten.

Wahre Sicherheit entsteht nicht durch Panzer und Raketen. Wahre Sicherheit entsteht, wenn niemand Angst haben muss, weil er arm ist, weil sie queer ist, weil er schwarz ist, weil sie geflüchtet ist. Wahre Sicherheit entsteht, wenn wir uns gegenseitig in unserer Würde anerkennen.

Der Weltfriedenstag erinnert uns: Frieden ist keine Selbstverständlichkeit, er ist eine Aufgabe. Eine Aufgabe, die wir nur gemeinsam bewältigen können.

Darum lasst uns heute – und an jedem Tag – für eine Politik eintreten, die Menschlichkeit und Solidarität ins Zentrum stellt. Für eine Politik, die Frieden nicht nur verspricht, sondern lebt.

Lasst uns die Stimmen sein, die laut sagen: Keine Milliarden für Waffen – Milliarden für die Menschen!

Lasst uns die Stimmen sein, die klar machen: Nie wieder Krieg bedeutet heute: Nein zur Militarisierung, Ja zur gesellschaftlichen Integrität.

Danke

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