Kundgebung für bezahlbares Wohnen

Rede von Günter  Frank:

Hallo,
mein Name ist Günter Frank vom Sozialforum und ich eröffne hiermit die Kundgebung.

Thema der Kundgebung: Bezahlbare Wohnungen für Alle!
Dabei wird der Mangel an bezahlbaren Wohnungen immer größer.

Einige Zahlen:
Ende 2022 gab es bundesweit nur noch knapp 1,088 Millionen Sozialwohnungen, ein historischer Tiefstand. In der Alt-BRD waren es fast vier Millionen. Rund elf Millionen Mieterhaushalte hätten hierzulande einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein – und damit auf eine Sozialwohnung. Eine Eins-zu-zehn-Chance.
Bauen wollte die Bundesregierung 100.000 Einheiten öffentlich finanzierten Wohnraums. Jährlich. Tatsächlich neugebaut wurden im vergangenen Jahr 22.500, ferner fielen 36.500 aus der Preisbindung, sprich ein Minus von 14.000 Wohnungen.

Und in Bayern?
2013 verkaufte das Land Bayern die gemeinnützige bayerische Wohnungsgesellschaft GBW mit ihrem Bestand an 33.000 Wohnungen an eine Investorengruppe. Dieser Verkauf von preisgünstigem Wohnraum verschärfte die Wohnungsnot.
So kündigte Ministerpräsident Söder 2018 die Gründung einer staatlichen Wohnbaufirma namens Bayernheim an. Bis 2025 sollten 10 000 neue Wohnungen geschaffen.
Stand bis heute: 848 Wohnungen, und diese wurden nicht neu gebaut, sondern gekauft. Auch auf dem Grundstück der Bayernheim in Fürth Ecke Lange Straße / Meckstraße wurde bis heute nicht mit dem Bauen von Wohnungen begonnen.

Auch in Fürth ist die Lage nicht besser: Wohnungsmangel und ein Ende der Mietpreisexplosion ist nicht in Sicht.
So stiegen allein von 2011 bis 2018 die durchschnittlichen Mieten in Fürth für eine 30 qm Wohnung um 45%, für eine 60 gm Wohnung um 46% und für 100 qm um 36%.
Im Frühjahr 2023 stieg die durchschnittliche Miete für Altbauprojekte auf 10,20 €/m², für Bestandsobjekte auf 10,60 €/m², für Neubauobjekte auf 12,50 €.
Gegenwärtig gibt es bei der Stadt 792 Anträge auf einen Berechtigungsschein für eine Sozialwohnung. Sicher ist, dass viele Wohnungssuchende aufgrund der Erfolglosigkeit keinen Antrag stellen.
In Fürth gab es 2022 noch 1.857 Sozialwohnungen mit günstigen Mieten. In den nächsten zwei Jahren werden weitere 100, bis 2030 alle aus der Preisbindung fallen. Auf eine jährliche Anfrage der Linken Stadtratsfraktion vom März 2023 wird erstmals keine Angabe über den
Neubau preisgünstiger Wohnungen gemacht.

Dabei ist bekannt, wie wichtig bezahlbarer Wohnraum auch für den Zusammenhalt einer Gesellschaft ist.
Nicht umsonst steht in Artikel 106 der Bayerischen Verfassung:
Jede/r Bewohner/in Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung.
Die Förderung des Baus billiger Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinde.

Und was macht die Stadt Fürth?
Über die Baugesellschaft wohnfürth, eine 100%ige Tochter der WBG Fürth, werden Grundstücke bereitgestellt zum Bau hochpreisiger Eigentumswohnungen.

So schreibt die wohnfürth auf ihrer Homepage:
„Seit unserer Gründung im Jahr 2005 entwickeln, planen und bauen wir anspruchsvolle Projekte im Fürther Stadtgebiet. Die wohnfürth schafft hochwertige Wohnräume, die auch in der Zukunft Bestand haben, und liefert somit einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Lebensqualität in unserer Heimatstadt. Bei uns finden Sie deutlich mehr als den üblichen Durchschnitt. Entdecken Sie Lebensraum mit Qualität für zeitgemäßes Wohnen mit hohem Komfort. Abhängig von den jeweiligen Gegebenheiten und Ihren Vorstellungen agieren wir flexibel als Immobiliengesellschaft, als Projektentwickler oder als Bauträger.“

Auch im Fürther Stadtwald, auf dem Gelände des ehemaligen Waldheim Sonnenland, wollte die städtische wohnfürth hochpreisige Eigentumswohnungen bauen. Eine weitere Zersiedelung des Naherholungsraum Stadtwald stand zu befürchten.
Dies konnte mit Kundgebungen und Unterschriftenlisten vorerst verhindert werden. Der Stadtrat beschloss ein Moratorium, das allerdings Anfang 2024 ausläuft.
Wir müssen weiter um den Stadtwald als Naherholungsgebiet kämpfen.

Die Bau- und Wohnungskrise in der BRD spitzt sich weiter zu. Das statistische Bundesamt teilt mit, dass von Januar bis einschließlich Juli 2023 die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 27,8 Prozent auf 156.200 Wohnungen gesunken ist. Zehn Monate hintereinander ist die Zahl der Baugenehmigungen nun zweistellig zurückgegangen.
»Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem steigende Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben«, erklärten die Statistiker den Negativtrend. Anders ausgedrückt: Für Immobilienkonzerne ist der Wohnungsbau schlichtweg unrentabel geworden, weshalb dieser peu à peu eingestellt wird. Gebaut wird fast nur noch im profitablen hochpreisigen Segment – benötigt wird aber eigentlich günstiger Wohnraum.
Das heißt für uns:
Der Bau von bezahlbaren Wohnungen gehört zur Daseinsvorsorge, darf nicht Profitorientierung und Spekulation überlassen werden.

Dabei sinken die Reallöhne in Deutschland weiter, 2022 im Vergleich zu 2021 um 4,0 Prozent. Das ist der stärkste Rückgang seit 2008.
19 Prozent der Beschäftigten – fast jeder fünfte – wurde mit weniger als 12,50 Euro entlohnt. 7,4 Mio. Menschen haben einen Minijob, der für fast 5 Mio. die einzige Einkommensquelle ist. 1,2 Mio. Beschäftigte bekommen zusätzlich Sozialleistungen.
In Fürth sind ca. 40 % der sozialpflichtigen Beschäftigungsverhältnisse im sogenannten Niedriglohnsektor.
2022 waren 21,6 Prozent der Kinder von Einkommensarmut betroffen.

Ein Sondervermögen speziell für öffentlichen, sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau muss her. Der Mieterbund fordert ein Sofortprogramm von 50 Milliarden €, und zusätzlich, dass Sozialwohnungen immer Sozialwohnungen bleiben, und nicht aus der sogenannten Bindung fallen.
Für die Aufrüstung stand innerhalb von Tagen ein sogenanntes Sondervermögen von 100 Milliarden € zur Verfügung.

Weiter fordern wir die Wiedereinführung der Gemeinnützigkeit für Wohnungsunternehmen. Nur der Gemeinnützigkeit verpflichtete unternehmen sollen entsprechende Steuererleichterungen bekommen.
Am 1. Januar 1990 wurde die Gemeinnützigkeit für Wohnungsunternehmen durch die CSU/FDP-Regierung abgeschafft. Damit wurden für über 3 Mio. Wohnungen die Weichen für eine
profitorientierte Bewirtschaftung gestellt. 2001 beschloss die rot-grüne Bundesregierung die Steuerbefreiung für Erlöse aus dem Verkauf von Beteiligungen an Wohnungsbaugesellschaften.
Dies muss rückgängig gemacht werden.

Wir fordern: Das Land Bayern muss eine wirksame Mietpreisbremse und sich im Bund für die Wiedereinführung der Wohnungs-Gemeinnützigkeit einsetzen.

Weiterhin fordern wir von der Stadt Fürth:
Neubau von städtischen Sozialwohnungen und Baugenehmigungen nur für Projekte mit festem Anteil an Sozialwohnungen.
Verstärkte Maßnahmen, um wohnungslose Menschen mit Wohnraum zu versorgen.
Kein Verkauf öffentlicher Grundstücke für den Bau von Eigentums-
wohnungen.

Explodierende Rüstungsausgaben, Inflation und Niedriglöhne und der Mangel an bezahlbaren Wohnungen treffen Geringverdiener, besonders Alleinerziehende und Rentner, in zunehmenden Maß auch „Normalverdiener“. Kinder- und Altersarmut, Bildungs- und Pflegenotstand nehmen dramatisch zu.

Lassen wir nicht zu, dass der von uns geschaffene und erwirtschaftete soziale Fortschritt weiter kaputt gemacht wird.

Vielen Dank.

Jürgen von der AG Wohnen Nürnberg:

Ich spreche hier für die Arbeitsgruppe Wohnen des Sozialforums Nürnberg.
Immer mehr Menschen in Deutschland haben Angst, ihr Zuhause zu verlieren.  Selbst in der Corona-Pandemie stiegen die Mieten weiter, und jetzt kommen noch Inflation und Preissteigerungen hinzu, gleichzeitig müssen viele Menschen mit Einkommensverlusten klarkommen. Wohnen ist für viele Menschen ein Luxusgut geworden.

Die Wohnungsfrage ist längst zur sozialen Frage geworden und spaltet die Gesellschaft. Hohe Mieten führen zu einer wachsenden Zahl von Wohnungslosen. Menschen mit wenig Einkommen leben oft in viel zu beengten Wohnverhältnissen. Wer keine Wohnung hat oder auf zu engem Raum lebt, dessen körperliche und psychische Gesundheit ist bedroht. Die in immer kürzeren Abständen auftretenden Krisen verschärfen diese Situation immer wieder. Die häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder nimmt zu.

Jede und jeder von uns muss wohnen können. Jede und jeder hat das Recht auf eine gute Wohnung! Wohnen ist ein Grundrecht!

Wohnraum muss für alle Menschen da sein und nicht nur für diejenigen, die es sich leisten können!
Explodierende Mieten sind das Ergebnis einer verfehlten Wohnungspolitik. Sie sind das Ergebnis einer Wohnungspolitik, die nach wie vor im Interesse der Kapitalvermehrung agiert. Wir fordern von der Bundesregierung eine Orientierung an den Bedürfnissen der Menschen, nicht an Profitinteressen! Wohnen ist ein Grundbedürfnis und es kann nicht sein, dass ein Großteil des hart verdienten Einkommens in die Taschen von Immobilieninvestoren und Immobilienspekulanten wandert.

Unsere Forderung ist: „Keine Profite mit der Miete“ – Jeder Mensch muss Zugang zu einer angemessenen und bezahlbaren Wohnung haben!Immobilien der großen Wohnbaukonzerne müssen in öffentliches Eigentum umgewandelt und die Verwaltung der Wohnungen gemeinnützig organisiert werden. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass Wohnungen und Grundstücke in städtischer Hand sind und nicht privatisiert werden. Zumindest kommunale Wohnungsbaugesellschaften müssen genügend bezahlbare Wohnungen anbieten.

Und wir müssen jetzt etwas tun und nicht erst, wenn es zu spät ist. Immer mehr Menschen organisieren sich – sie gehen auf die Straße und wehren sich gegen steigende Mieten und Verdrängung aus ihrem bisherigen Wohngebiet.