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Offener Brief auf einen Artikel in der Stadtzeitung „Entwicklung im Mietwohnungsbau“

Offener Brief des Fürther Sozialforums und der Fürther Erwerbsloseninitiative zum Thema „Entwicklung im Mietwohnungsbau“

( die Artikel kann man HIER nachlesen auf Seite 8 und Seite 17)

An den Oberbürgermeister der Stadt Fürth, Herrn Dr. Thomas Jung
An den Aufsichtsratsvorsitzenden der WBG, Herrn Sepp Körbl
An die Sozialreferentin, Frau Elisabeth Reichert
An die Fraktionen im Fürther Stadtrat
An das Bürgermeister- und Presseamt der Stadt Fürth
An die Redaktion der Fürther Nachrichten

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

der Anlass für unseren Offenen Brief ist der Artikel „Entwicklung im Mietwohnungsbau ist weiterhin positiv“ in Stadt-Zeitung vom 28.03.2018.

Das Fürther Sozialforum setzt sich seit langem für den Bau von Wohnungen ein, die auch für ärmere Menschen bezahlbar sind. Familien mit niedrigem Einkommen leiden besonders unter dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Sie haben bei der Suche nach einer Wohnung kaum Chancen. Sie sind z.B. arm, haben viele Kinder, sind behindert oder krank, oder deutsch ist nicht ihre Muttersprache. Damit auch diese Menschen eine Wohnung erhalten, gibt es den Wohnberechtigungsschein als Steuerungsinstrument der Wohnungspolitik.

Auf den Mangel an für alle bezahlbarem Wohnraum wird in der im Artikel geschilderten Veranstaltung überhaupt nicht eingegangen. Stattdessen beklagen sich die Herren der Wohnungsbaugenossenschaften und der städtischen WBG über diejenigen Menschen, die auf einen Wohnberechtigungsschein angewiesen sind. Dabei wird allerdings eine grobe Verallgemeinerung verwendet. Bekanntlich gibt es überall Personen, die versuchen, den Staat auszunutzen. Auch Steuerhinterzieher tun das sehr erfolgreich. Aber in dem Artikel wird all den Menschen mit Wohnberechtigungsschein unterstellt, dass sie durch die Bank selber schuld sind, wenn sie keine Wohnung finden – sie sind zu faul, einen Wohnberechtigungsschein zu beantragen – sie kommen nicht zu den Wohnungsbesichtigungen – Sozialwohnungen haben ein Imageproblem und insgesamt sei das Anspruchsdenken dieser Leute zu hoch.

Wie praktisch, dass der Wohnungsbestand der Genossenschaften inzwischen beinahe komplett aus der Sozialwohnungs-Bindung heraus gefallen ist. Das ist ebenfalls dem Artikel zu entnehmen. Außerdem verzichtet die Stadt Fürth auch bei Neubauten weiterhin auf die Festlegung einer Quote an öffentlich geförderten Wohnungen. So können sich die Genossenschaften ihre Wunsch-Mieterinnen und Mieter selber aussuchen. Der private Markt regelt das schon. Wie die Schwachen, die Armen und die Ausgegrenzten, die nicht in das Schema von Wohnungsbau- Gesellschaften und Vermietern passen, zu einer Wohnung kommen sollen, scheint den Verantwortlichen egal zu sein. Es ist leider davon auszugehen, dass die 500 neuen Wohnungen, die die „sozialen Bauträger“ nach Angaben im Artikel bis 2020 bauen wollen, diesen Menschen nicht zu Gute kommen werden.

So werden Vorurteile gegen die wohnungssuchenden Menschen geschürt, anstatt Menschen bei der Wohnungssuche zu unterstützen – nicht nur, aber auch durch den Bau öffentlich geförderter Wohnungen. Die Spaltung unserer Gesellschaft wird damit billigend in Kauf genommen, ja weiter vorangetrieben.

Dass die Stadt das Problem sogar selbst erkannt hat, zeigt ein Artikel ein paar Seiten weiter. Unter dem Titel „Jedes Wohnungsangebot hilft“ werden Vermieter auf die Wohnraumbörse der Stadt hingewiesen, weil dringend Wohnungen für Menschen in Notlagen gesucht werden. Leider belässt es die Stadt bei Appellen an private Vermieter, anstatt selbst etwas zu unternehmen.

Unsere Forderungen an die Verantwortlichen: Nehmen Sie das Problem des Mangels an bezahlbarem Wohnraum endlich ernst! Führen Sie bei Neubauten eine Quote an öffentlich geförderten Wohnungen ein! Beklagen Sie sich nicht über die Ärmeren und Schwächeren, sondern unterstützen Sie alle Menschen bei der Wohnungssuche, die auf den ersten Blick nicht ganz einfach zu vermitteln sind. Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen ist nämlich nicht deren schuld!

Mit freundlichen Grüßen,

Stephan Stadlbauer